Hallo Andrea,
jetzt habe ich etwas Ruhe und Muße um nochmals auf deinen Beitrag einzugehen.
maerzkind hat geschrieben:Aber es ist manchmal wirklich schwierig für mich zu billigen, wie mein Mann mit unseren Kindern, vor allem mit Eike umgeht. Dabei spielt sicherlich auch eine Rolle, was Du gestern im Thread zum 3. Brief recht treffend formuliert hast: Es ist nicht einfach, das Kind die gleichen schlechten Erfahrungen machen zu lassen, die man selbst gemacht hat. Wenn mein Mann Eike ermahnt, entmutigt oder über ihn schimpft, leide ich mit Eike - denn ich selbst habe jahrelang darunter gelitten, dass ich in den Augen meiner Mutter und meiner Oma irgendwie "nicht richtig" war...
Ich habe in der Vergangenheit viel darüber nachgedacht, was diese unterschiedliche Art, mit unserem Kind umzugehen, für mich bedeutet, ob und wie ich den Erziehungsstil meines Mannes akzeptieren kann. Inzwischen kann ich ihn meistens irgendwie billigen. Wie ich schon einmal schrieb, versuche ich, mich gedanklich von Dingen freizumachen, die ich nicht beeinflussen kann.
Aber wenn ich mich mal wieder intensiver mit dem Thema Erziehung beschäftige - wie jetzt durch die Kloeters-Briefe - fallen mir die Fehler meines Mannes eben wieder stärker auf und der Wunsch, ihn zu verändern, wird dann eben auch stärker. Da spielt eben auch der Gedanke eine Rolle, dass da bestimmte Verhaltensweisen von Generation zu Generation weitergegeben werden und ich dies gerne verhindern möchte.
Ein weiteres Problem ist, dass diese Unzufriedenheit mit dem Erziehungsstil des anderen keine einseitige Sache ist. Mein Mann ermahnt zum Beispiel beim Essen ständig ("Das Glas steht zu nah am Rand, pass auf, dein Ärmel hängt im Essen, nimm dir nicht zu viel, das isst du doch eh nicht alles auf...") und mich nervt das allein deshalb, weil so nie eine normale Unterhaltung möglich ist. Meinen Mann stört wiederum, dass ich nicht ebenso vorsorglich bin und so werde auch ich ermahnt: "Nun schieb den Eike doch mal näher an den Tisch, nun schieb doch mal Eikes Glas weg, nun pass doch mal auf, was Eike macht..."
Oh, das klingt nicht gut.
Wie wäre es, wenn du mit deinem Mann genauso ein Gespräch führst.
Also nicht 'Ich möchte, dass du .... machst, und .... unterläßt' sondern ihm wirklich sagst, wie du dich fühlst, wenn er so mit den Kindern und dir spricht.
Ich denke, ein Gespräch auf diesem Niveau hat eine ganz andere Basis. Er könnte sich ändern! Nicht, weil er glaubt, dass seine Art, so verkehrt ist, sondern damit du dich nicht immer schlecht fühlen musst, dich an deine Kindheit erinnert fühlst.
So, wie man sich auch - aus Liebe - angewöhnen kann, den Klodeckel oder die Zahnpastatube zu schließen
Na ja, ich hoffe, dass er die Elternbriefe jetzt vielleicht doch regelmäßig liest und sich zu Herzen nimmt...
Nachdem ich selbst mit den beiden Briefen zu Grund- und Augenblicksstimmung so meine Probleme hatte, habe ich eigentlich gar nicht erwartet, dass sie meinen Mann ansprechen könnten. Aber erstaunlicherweise war er vom 1. Brief überhaupt nicht verschreckt...
Das klingt doch schon gut.
Ich drücke dir mit die Daumen!
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich den Unterschied zwischen Lob und Mitfreuen noch nicht ganz verstehe. Und häufig bin ich auch unsicher, wie ich reagieren soll. Wenn Eike zum Beispiel im Haushalt mitarbeitet oder auch eine besonders weite Strecke mit dem Fahrrad schafft, dann möchte ich ihm natürlich auch Anerkennung zukommen lassen. Und das soll ihn natürlich auch motivieren. Mein Mann und ich erzählen einander zum Beispiel auch häufig in Eikes Gegenwart, wenn wir sein Verhalten besonders gut fanden. Allerdings habe ich mitunter auch Sorge, dass da zwischen den Zeilen ein "Das hätte ich gar nicht erwartet" mitschwingt...
Genau dieses 'Anerkennung zukommen lassen' und 'Motivieren' machen für mich den Unterschied.
Ich sage etwas positives, wenn ich mich darüber freue.
Ich sage dann auch 'Oh, du hast deine Jacke aufgehängt. Danke schön!'
Ich freue mich einfach, wenn ich es sehe und sage das dann auch!
Das ist für mich jedoch ganz frei von irgendwelchen Hintergedanken. Ich möchte meinem Kind damit keine Anerkennung sollen oder ihn sogar motivieren, es häufiger zu tun.
Nein, ich denke, es ist wirklich eher mein Problem. An Tagen, an denen alles gut läuft und ich wirklich etwas erledigen kann, bin ich ja selbst zufrieden und brauche das Lob gar nicht. An Tagen, an denen Inga viel Aufmerksamkeit braucht und ich überhaupt nicht vorankomme, bin ich hingegen selbst unzufrieden und fasse dann eine Anmerkung wie "Waren die Kinder wieder anstrengend?" als Kritik auf.
Das liegt sicherlich daran, dass in meinem Elternhaus sehr stark bewertet und sehr viel Wert auf Fleiß gelegt wurde.
Das ist wirklich sehr schade, dass du da nicht selbstbewusst genug bist.
Anfangs war ich das auch nicht. Da war ich auch unzufrieden, wenn ich meinen selbst erstellten Tagesplan nicht geschafft habe, weil mein Knd mich mehr brauchte, als eingeplant. Da hat mein Mann dann super toll reagiert, indem er sagte: 'Ich weiß gar nicht, was du willst. Du bist vor allem für unseren Sohn zu Hause. Er entwickelt sich prima, ihm geht es bestens. Was willst du mehr?
Alles andere können wir dann doch auch gemeinsam machen, wenn ich aus dem Büro zurück bin.'
Er hat mich also echt aufgebaut und mir das Gefühl gegeben, dass ich mit meinem Tageswerk zufrieden sein kann, auch wenn ich an einem Tag nicht mehr geschafft hatte, außer aufstehen - stillen - frühstücken - stillen - duschen - stillen - sich anziehen - stillen ....
Bist du in einem von diesen Putzteams?
Das kann auch gut motivierend sein, wenn man da dann mal aufschreibt, was man so am Tag alles macht - diese vielen Kleinigkeiten, die halt auch Zeit brauchen und so wichtig sind