Hi,
bei den von Dir beschriebenen "Problemen" gibt es einfach ein paar grundlegende Denkfehler - kein Wunder, denn es gibt in unserer Gesellschaft ein paar feste, aber falsche Vorstellungen davon, wie Babys "ticken". Allen voran das Konzept des "Sattseins". Das kann man auf so kleine Babys nicht anwenden. Aus dem Mutterleib kennen sie nur den paradiesischen Zustand, kontinuierlich mit allem versorgt zu sein, was sie brauchen. Stillen, das zeigt uns die spezielle Zusammensetzung der Muttermilch, ist eigentlich genauso gedacht, oder fast genauso; die meisten gestillten Neugeborenen wollen sehr oft, manchmal stündlich, trinken, denn Mumi, wie oben schon jemand schrieb, ist schnell verdaut. Das hat auch einen Sinn - auf diese Weise werden Phasen extremen Tiefschlafs, wie sie bei "pappsatt" gefütterten Kunstmilchkindern oft vorkommen, vermieden. Es gibt aus der neueren Forschung zahlreiche Hinweise darauf, dass so das Risiko von SIDS verringert wird - Kinder, die oft, vielleicht im Halbschlaf an der Brust trinken, können nicht mal eben "vergessen", zu atmen.
Die Brust ist außerdem auch keine Flasche, die man "leer" trinken kann (und dann drauf warten muß, dass sie sich wieder füllt). Etwas Milch ist immer da, und bei jeder Milchmahlzeit (nicht etwa "zwischen" den Mahlzeiten) wird die Milch für diese Mahlzeit gebildet. Auch das deutet darauf hin, dass häufiges oder sogar Dauerstillen der von der Natur vorgesehene Normalzustand ist. Anstrengend? Nur, wenn man davon überzeugt ist, dass das baby nach jedem Stillen drei Stunden lang "ruhig" sein und nicht stillen soll. Wenn man sich klar macht, dass Babys nun mal keine Alle-drei-Stunden-Trinker sind, kann man das auch akzeptieren. Zumal sie eben auch nicht zwischen Nahrungsaufnahme und anderer Zuwendung unterscheiden, für sie ist das das Gleiche. Es wird einfacher, wenn die Mutter das Baby einfach immer an sich läßt, im Tuch trägt, mit ihm gemeinsam schläft, so dass das Baby eigentlich stillen kann, wann immer es will. Sobald es diese Möglichkeit hat und darauf vertraut, wird es oft auch weniger mit dem Still/-Saugbedürfnis, so meine persönliche Erfahrung, und mit dem gestillten Baby im Familienbett kann frau auch ganz bestimmt mal drei Stunden am Stück schlafen.
Noch ein Denkfehler ist der: "Es trinkt nach dem Stillen noch aus der Flasche, also muss es Hunger gewesen sein". Es ist aber so: wenn Du dem Baby die Flasche in den Mund hältst (und es sie nicht sofort wieder ausspuckt), dann fängt es autmoatisch an, einen Unterdruck aufzubauen, und es läuft automatisch, ohne Anstrengung, Milch aus der Flasche. Die trinkt das Baby dann, einfach weil sie da ist, weil es nuckeln möchte usw. - nicht unbedingt, weil es in jedem Fall noch total hungrig ist. Aus der Brust kommt ja auch immer was raus - für das Baby ist das normal. Das heisst aber nicht, dass es diese Flaschenmahlzeit braucht, weil es hungrig ist. Wichtig wäre aber auch, zu schauen, ob das Baby wirklich effektiv saugt - da muß dann halt mal die Stillberaterin schauen, ob der Saugschluss gut ist, mit dem Zungenbändchen alles OK usw.
Eigentlich sind die Babys schlau und lieb zu ihren Müttern, wenn sie gerade bei wunden Brustwarzen häufig trinken wollen: sie trinken dann nicht gierig, sondern sanft und vorsichtig, und das tut den Warzen gut. Lieber öfter mal 10 Minuten als selten eine halbe Stunde trinken ist viel besser für den Heilungsprozess. Wunde Brustwarzen, das weiss ich aus leidvoller Erfahrung, MÜSSEN nicht unbedingt durch Anlegefehler entstehen. Es gibt auch Frauen, die dafür eine Veranlagung haben. Ich hatte das bei allen drei Kindern, trotz jahrelanger Stillerfahrung, jedesmal wieder in den ersten Wochen - sogar bei meinem Dritten, bei dem ich "nur" abgepumpt habe. Das geht vorbei, mit Massnahmen wie häufig kurz stillen, Brustschalen tragen, Lanolin verwenden.
Meine Babys waren alle drei in den ersten Wochen Dauertrinker, und ich bin nicht zu viel gekommen, nur zum Stillen und zu den nötigsten Sachen. Es wurde "besser", und heute sind diese intensiven Zeiten mit den Kindern ein mir lieb und teuer gewordener Erinnerungsschatz. Daran, dass unser Haushalt zu der Zeit jeweils brachlag, denkt heute niemand mehr!
In diesem Sinne wünsche ich Deinen Freundinnen viel Mut, sich ihren Babys als "Wohnung" anzubieten. Wenn man die Symbiose der ersten Wochen auslebt, werden sie später umso selbständiger!
LG Kirsten