Ich kann total verstehen, dass es sehr viel Kraft kostet Gewohntes zu ändern. Es klingt für mich jedoch nicht so, als ob jetzt gerade alles "in Butter" ist. Ich werde Dich sicher nicht überreden, etwas zu tun, was Du nicht willst. Ich schreibe Dir jetzt meine Gedanken und dann kannst Du vielleicht nachvollziehen, warum ich denke, dass eine Veränderung sich lohnt.
Du benutzt das Stillhütchen und den Schnuller, um mit dem starken MSR umzugehen. Aus demselben Grund denkst Du über eine vorgezogene Beikosteinführung nach. Keine dieser drei Maßnahmen behebt den Auslöser. Sie umschiffen ihn lediglich.
Es ist aus Studien bekannt, dass der Schnuller die Stillzeit verkürzt. Auch Stillhütchen führen oft zu kurzen Stillzeiten. Eine frühe Beikosteinführung, die Stillprobleme (nicht Zufütterbedarf!) beheben soll, führt meiner Erfahrung nach auch zu frühem Abstillen. Warum? Weil das Problem durchs Umschiffen nicht weggeht. Durch Stillhütchen und/oder weniger Nuckeln zurück gehende Milch wird durch Beikost ersetzt. Das Baby lernt durch den Schnuller das trockene Nuckeln nicht. Durch das Stillhütchen lernt das Baby nicht mit dem Milchfluss umzugehen. Und wenn die Beikost vermeintlich gut läuft, dann ist es ganz oft so, dass sie (oft unbewusst) sehr schnell immer größere Teile der Ernährung einnimmt, bis das Stillen ganz wegfällt. Oft deutlich vor dem ersten Geburtstag und obwohl Muttermilch im ersten Lebensjahr die Basis der Ernährung sein sollte.
Es stimmt, dass auf vielen Breis und auch in Beikostbroschüren das Essen ab dem 5. Monat angegeben wird. Das beruht nicht auf dem Optimum der Säuglingsernährung wie es die WHO studienbasiert für alle Babys empfiehlt (s.u.), sondern auf der Realität deutscher Stillstatistik. Studien haben gezeigt, dass es zur Allergieprophylaxe und besseren Verwertbarkeit der Nahrung gut ist, wenn Babys parallel zur Beikosteinführung gestillt werden. Nur ist das für viele Babys in Deutschland nicht machbar, wenn man sich an die Empfehlungen der WHO hielte, ca. 6 Monate voll zu stillen. In Deutschland werden nämlich sehr viele Kinder bereits mit 5-6 Monaten abgestillt. Damit möglichst viele Babys dennoch vom Stillen während des Beikoststarts profitieren, hat man sich entschieden, Empfehlungen ab 4 Monaten zu geben.
Für voll gestillte Babys von Müttern, die das Abstillen nicht vorziehen wollen, gelten weiterhin die Empfehlungen der WHO. Das bedeutet, dass auf die Beikostreife gewartet werden sollte. Die meisten Babys entwickeln diese zwischen dem 6. und 10. Lebensmonat. Ab dem 7. LM sollte Beikost täglich angeboten werden, vorher nur bei Beikostreife. Parallel zum Essen sollte bis zum 2. Geburtstag gestillt werden und darüber hinaus, so lange Mutter und Kind es wollen.
In Hinblick auf diese Empfehlungen der WHO, die die Gesundheit von Mutter und Kind im Auge behält, sind alle Maßnahmen, die die Stillzeit künstlich verkürzen, kritisch zu sehen. Früher abzustillen hat Nachteile (z.B. höhere Infektanfälligkeit im Baby- und Kleinkindalter, höhere Wahrscheinlichkeit von Diabetes und Adipositas beim Kind, höhere Wahrscheinlichkeit der Mutter an gynäkologischen Krebsarten zu erkranken u.v.m.). Der Schutz des Stillens ist in diesem Kontext eine Prophylaxe, die ich sehr ernst nehme.
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Nun noch zu einigen Details, auf die ich eingehen möchte:
Der MSR wird nicht stärker, wenn ein Kind kräftig saugt. Er ist lediglich ein Reflex auf die Stimulation. Die Stärke ist brustabhängig und wird mit der Zeit von alleine schwächer. Durch die verlinkten Maßnahmen kann diese Zeit etwas verkürzt werden.Sie schafft es ja sogar durch das Stillhütchen so stark zu saugen, dass die Milch spritzt (dann halt ins Stillhütchen rein und nicht in ihren Mund), egal, wie voll die Brust ist oder in welcher Position wir stillen.
Das sollst Du natürlich auf keinen Fall machen. Ein Stillstreik ist super anstrengend, für Mutter und Kind. Und die Ernährung steht an erster Stelle. Kannst Du mir bitte beschreiben, wie der Stillstreik genau abgelaufen ist?. Wenn ich das Stillhütchen weglasse, wird sie einfach gar nicht trinken. Beim zweiten Stillstreik war es genauso und nach 12 Stunden habe ich kapituliert, da sie auch nichts mehr ausgeschieden hat. Ich will sie ja nicht hungern lassen.
Ich kann verstehen, dass der Schnuller eine tolle Hilfe im Alltag ist. Altersgemäß wäre es jedoch eigentlich so, dass Du (evtl. noch Papa oder andere sehr Vertraute) die natürliche Einschlafhilfe darstellen. Der Schnuller ist nichts, was Dein Baby braucht. Meist sind wir Eltern es, die ihn brauchen.Ihr den Schnuller wegzunehmen, finde ich auch extrem schwierig. Sie ist wie gesagt ansonsten eher ausgeglichen, was aber auch daran liegt, dass sie manchmal am Schnuller nuckeln kann. Würden wir ihr den wegnehmen, wäre das glaube ich tatsächlich schlimm. Vor allem tagsüber benutzt sie ihn zum einschlafen, braucht darüber hinaus aber keine weiteren Einschlafhilfen, was ich für ihr Alter als sehr positiv empfinde.
Diese Maßnahmen greifen auch nicht sofort. Oft dauert es einige Wochen. Aber dann ist entspanntes Stillen wirklich möglich. Aber eben nur, wenn man das Problem angeht und ihm nichtDie Tipps und Hinweise in dem verlinkten Thread habe ich schon gelesen und alles gemacht, das bringt zwar teilweise Linderung, löst das problem bei uns aber nicht komplett und auf Dauer.
ausweicht. Denn so wie die Brust "lernen" muss, dass ein sanfterer MSR gewünscht ist, so muss auch ein Baby lernen mit dem Milchfluss umzugehen: trocken Nuckeln, größere Mengen schlucken, ggf. ablaufen zu lassen, etc. Das Lernen geht nur in der Praxis und ohne Helferlein.
In der Beratung erlebe ich immer wieder, dass der Lernprozess bei den Babys kürzer ist, wenn sie - manchmal durchaus auch frustiert - üben dürfen. Schnuller und co. führen eher zur Verlängerung der Lernphase.
Das, was ich hier schreibe ist völlig neutral gemeint und soll Dich nur zum Nachdenken anregen. Ich bin selber Mutter und hatte bei allen drei Kindern einen starker MSR, weiß daher wie anstrengend das ist. Aber gerade aus meiner eigenen und der Erfahrung mit Müttern in der Stillberatung kann ich Dir wirklich Mut machen. Nach 3-5 Monaten entspannt sich das alles. Und dann wird das Stillen relaxt und schön, man kann wieder unter Leute und den Beikoststart entspannt auf sich zukommen lassen, ohne Druck und ohne Zwang.