Lebertran

für die schwangere und/oder stillende Mutter (und ihre Familie)
suri
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Re: Lebertran

Beitrag von suri »

Sie hat vor allem lediglich ein abgeschlossenes Medizinstudium und offensichtlich nicht viel an Grundlagen zum Umgang mit Literatur daraus mitgenommen. Kompetent wirkt sie wirklich gar nicht, leider.

Bei Nahrungsergänzungsmitteln gibt es abgesehen von den konkreten Risiken und Nebenwirkungen, die leider häufig unter dem Deckmantel des "Natürlichen" völlig fehlinterpretiert werden, auch psychologische Effekte, die man in der Risiko-Nutzen-Abwägung immer bedenken sollte.

Was vermittel ich meinem Kind, in dem ich ihm täglich irgendwelche Substanzen beibringe, die es (vermeintlich) unbedingt braucht und man sollte unbedingt auch der Lobby der Naturheilindustrie gegenüber mindestens genauso kritisch gegenüber eingestellt sein, wie jedem Pharmaunternehmen und jedem Medikament gegenüber. Es hat sich in den letzten Jahren ein unheimlicher MArkt in diesem Bereich entwickelt. Keiner kann mehr ohne Vitamin D, völlig ungeachtet, ob ein Vitamin D Mangel eine klinische Relevanz hat oder nicht (in der Wissenschaft ist im Moment die Meinung, dass Vitamin D schon beachtet werden sollte, aber der aktuelle Hype in der Laien- und Naturheilmittelwelt unberechtigt ist), es muss dieses und jenes dann noch in Kombination eingenommen werden, es geht nicht mehr ohne oder mit Magnesium, Vitamin K, was weiß ich....

Auch mit einer verhältnismäßig einseitigen Ernährung muss ich meinem Kind nicht alles noch extra an Kügelchen, Pülverchen, Löffelchen usw geben.
In der Altersmedizin haben wir ein riesiges Problem mit den ganzen Substanzen, die die Leute noch einnehmen, weil der Heilpraktiker, der Apotheker oder sonst wer noch dazu riet. Apothekenpflichtige Präparate, die aber erstens einen psychologischen Effekt des Einnehmens eines Präparates haben, und zweitens häufig doch auch (Überraschung!) Neben- und Wechselwirkungen, wenn sie so unkritisch eingenommen werden, wie sie faktisch eingenommen werden.

Aus meiner Sicht ist es unheimlich wichtig, dass wir als Eltern unseren Kindern vermitteln, dass nicht jeder Pillepalle am Körper wirklich eine Relevanz hat. Und auch wenn sich ein Kind nicht nach meinen Vorstellungen ernährt, hat es trotzdem nicht direkt einen therapiebedürftigen Mangel.

So aus eigener Erfahrung: ich habe einen extrem (!) mäkeligen Esser, der auch immer mal wieder müde ist. Ich habe auch überlegt, ob ich mal ein großes Blutbild machen lasse, um mal zu gucken, ob ihm was fehlt. Wir haben dann aber zuerst mal Tagebuch geführt über das, was unser extrem mäkeliger Esser denn tatsächlich doch isst und wie er so schläft usw. Dabei kam letztlich raus, dass er zwar gerne WEißmehlprodukte mag, aber durchaus jeden Tag auch Gurken, Apfel isst, er isst gerne geriebenen Käse aus diesen Packungen (derselbe Käse in Scheibenform geht gar nicht), in die Tomatensoße kann ich mal ein paar Erbsen oder Spinat oder Brokkoli reinpürieren, Bananen mag er auch, genauso wie Mandarinen usw.. und so kam dann doch eine ausreichend umfassende Ernährung dabei raus, was uns vorher gar nicht so klar war. Und es kam heraus, dass er meistens zu spät im Bett ist. Darauf haben wir dann reagiert.

Alleine über die Anpassung von Lifestyle-Faktoren kann man völlig ohne Unterstützung der Nahrungsergänzungsmittelindustrie unheimlich viel herausholen.

Führt mal Tagebuch und ich gehe jede Wette, dass ihr überrascht seid, was dabei herauskommt.

Und ich vermindere das Risiko meines Kindes einer Entwicklung eines späteren missbräuchlichen Medikamentengebrauchs. Wer schon früh lernt, dass dieses und jenes Pillchen/Säftchen/Kügelchen unbedingt genommen werden muss, hat auch später ein geringere Hemmschwelle regelmäßig Substanzen einzunehmen.
Weniges ist wichtiger als ein gesunder Respekt vor Medikamenten/Präparaten.

Eine Vitamin A Überdosierung habe ich auch noch nicht gesehen.

Aber ich habe mittlerweile mehre Menschen (u.a. Heilpraktiker) erlebt, die schwere Folgen ihrer selbsttherapierten Mängel hatten. Unvergessen ist der Heilpraktiker, der seinen vermeintlichen Vitamin B6 Mangel therapierte und dann mit einer schweren Überdosierung an allen vier Extremitäten gelähmt im Rollstuhl saß. Vitamin B6 ist in hohen Dosen nämlich nervenschädlich.
Oder die Bekannte einer Userin hier im SUT, die mal schrieb, dass ihre Bekannte oder Hebamme ihr Kind aufgrund einer Vitamin D Überdosierung tot geboren hat..

Was die Naturvölker, die natürliche Lebensweise unserer Urahnen usw. angeht - nicht alles, was die gemacht haben/machen, ist für uns hier nachahmenswert und Vieles ist auch aus gutem Grund über Bord geworfen worden. Natürlich ist es immer gut zu sehen, ob wirtschafltliche Entwicklungen das begründen (z.B: siehe Nestle/Milchpulver vs. Stillen) oder aber, ob allgemeine Lebensweisen sich verändert haben. Kritisch bleiben macht in alle RIchtungen Sinn. Auch dem "Natürlichen" gegenüber.
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feniliro
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Re: Lebertran

Beitrag von feniliro »

Ein sehr schöner Beitrag Suri.

Zur Mangelernährung möchte ich noch kurz etwas da lassen:
Unser einer Sohn hat bedingt durch seine Vorgeschichte (lange Sondenernährung, Intubationstrauma - dadurch extremer Würgereiz) jahrelang wirklich seeeehr ausgewählt gegessen. Wirklich KEIN frisches Obst und Gemüse. ..in keiner Form. Nur diese Fruchtquetschies gingen ab und an. Auf das Brot nur Butter oder Leberwurst. Und dann noch trockene Nudeln (mit Butter) oder Kartoffeln.
Wir wurden und werden seit der Geburt im SPZ betreut und da einmal Blut abgenommen wurde um seine Wachstumshormone zu checken (er ist sehr, sehr klein), habe ich gleich um ein großes Blutbild gebeten.
Ergebnis: Alle Vitamine etc. TOP. Das hat mich doch sehr erstaunt.

Mittlerweile hat er seinen Speiseplan erweitert (Bananen, Apfel ohne Schale, Tomatensauce ist bei Aufläufen mittlerweile ok.....)
Ich habe das Gefühl, dass Kinder oft ein gutes Gespür dafür haben was sie an Nahrung benötigen. Das entsprechende Angebot vorausgesetzt.
Im Zweifel würde ich es immer so handhaben wie von Suri beschrieben bzw. bei starkem Verdacht auch mal ein Blutbild machen.
Einfach so ins blaue substituieren würde ich persönlich nicht.
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Lösche Benutzer 22277

Re: Lebertran

Beitrag von Lösche Benutzer 22277 »

Generell würde ich nicht ohne Blutwerte supplementieren wollen - ich nehme Eisen und Vitamin D aufgrund eines nachgewiesenen Mangels. Da lasse ich die Werte alle paar Monate überprüfen, um zu gewährleisten, dass ich weder zu viel noch zu wenig einnehme.

Daher finde ich, dass man nicht pauschal sagen kann, ob eine Supplementierung Quatsch ist oder nicht - das ist von Mensch zu Mensch verschieden.
Lösche Benutzer 1828

Re: Lebertran

Beitrag von Lösche Benutzer 1828 »

Wenn ein Mangel angezeigt ist - klar. Natürlich dann dem entgegenwirken.
Aber einfach pauschal dem Kind was zu verabreichen finde ich auch sehr unglücklich. Was vermittele ich denn damit? Egal, wie Du Dich ernährst, nimm einfach hiervon was, dann ist gut.....
Und ein Mangel entsteht ja auch wirklich nicht so schnell.
Elena
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Re: Lebertran

Beitrag von Elena »

Danke suri, für dein Fachmeinung. Ich wollte gerade noch ergänzen, dass eine Vitamingabe wegen einseitiger Ernährung dem Kind auch vermittelt "iss, was du willst, du kannst das medikamentös ausgleichen". Aber da habe ich gesehen, das Sandküste das schon geschrieben hat. :mrgreen: Nun habe ich es aber doch nochmal geschrieben... :oops:
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Lösche Benutzer 22277

Re: Lebertran

Beitrag von Lösche Benutzer 22277 »

Man muss bedenken, dass man einen Vitamin D-Mangel über die Ernährung so gut wie gar nicht auffangen kann... Und leider haben Babys und Kleinkinder eine 11 Mal dünnere Haut als Erwachsene, so dass man sie nicht einfach so in die Sonne schicken kann, um Vitamin D selbst in der Haut bilden zu können.

Gerade bei Vit D halte ich die Supplementierung in den ersten Lebensjahren für sinnvoll, das empfiehlt ja auch die WHO.
Elena
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Re: Lebertran

Beitrag von Elena »

Raya hat geschrieben: Gerade bei Vit D halte ich die Supplementierung in den ersten Lebensjahren für sinnvoll, das empfiehlt ja auch die WHO.
Genau, und hier würde ich dieser sinnvollen Empfehlung auch einfach folgen, statt mein Baby mit Blutbildern zu quälen. Die Frage ist, was macht man nach dem Kleinkindalter. Da würde ich mich in unseren Breiten mit hellhäutigen Kindern, die viel draußen sind, entscheiden, nicht zu supplementieren, sondern höchstens aufgrund eines nachgewiesenen Mangels.
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suri
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Re: Lebertran

Beitrag von suri »

Elena hat geschrieben: Ich wollte gerade noch ergänzen, dass eine Vitamingabe wegen einseitiger Ernährung dem Kind auch vermittelt "iss, was du willst, du kannst das medikamentös ausgleichen".
Absolut wichtig! Das gehört ja auch mit zu den psychologischen Bei-Effekten.
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Mutterhenne
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Re: Lebertran

Beitrag von Mutterhenne »

Toller Beitrag, suri. Ich möchte in jeder Hinsicht unterschreiben!
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Grüße von der Henne
mit Superheldin (09/2013), Piepselchen (11/2018) und den Schutzengel-* (März 2012, November 2017, April 2021)
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nifty
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Re: Lebertran

Beitrag von nifty »

Suri, ich bin ja selber Allgemeinmedizinerin und finde deinen Beitrag sehr gut!

Und ja, auch Vitamin A aus "natürlichen Quellen" kann man überdosieren - Stichwort Verzehr von Eisbärenleber. JEDES fettlösliche Vitamin (A,D,E und K) kann überdosiert werden, weil der Körper es relativ leicht speichern kann!

Die verlinkte Seite... was soll ich dazu sagen? Im Internet darf ja leider jeder alles behaupten.
Ein abgeschlossenes Medizinstudium (keine Infos zur Ausbildung danach!) qualifiziert leider noch zu gar nichts (ich spreche da aus eigener leidvoller Erfahrung). Und zu sagen: " Mir hat es nicht geschadet, also rate ich es allen anderen auch." ist reichlich un-evidenzbasiert. Von einer Ärztin erwarte ich etwas anderes.

Ich bin total dafür, bei Säuglingen Vitamin D zu geben. Ansonsten nur gezielte Substitution bei nachgewiesenem Mangel (was Kinder meist nicht betrifft!).
unterwegs mit der Großen (03/16) und der Kleinen (02/21)
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